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Jahresrückblick: Japanisches Wort des Jahres 2019 gekürt

Der Verlag Jiyu­ko­ku­min­sha hat dieses Jahr mal wieder ein neues japanisches Wort des Jahres gekürt. Dabei werden jedes Jahr die Trendwörter prämiert, die in einem Jahr den gesellschaftlichen Diskurs bestimmt haben. Die Auszeichnung dient dabei auch als Jahresrückblick.

Gewinner

ONE TEAM

ONE TEAM wurde als japanisches Wort des Jahres gekürt. Der Ausdruck „ONE TEAM“ war das Motto für die japanische Rugby Nationalmannschaft während der Rugby WM in Japan 2019 ähnlich dem Begriff „Die Mannschaft“ für die deutsche Nationalmannschaft. Dabei sollte der Begriff auch verdeutlichen, dass das Team, mit insgesamt 31 Mitgliedern, 15 Mitglieder mit ausländischen Wurzeln aus sieben verschiedenen Ländern hatte, als ein Team an einem Strang zieht. Mit vier Siegen in Folge gegen Russland, Irland, Samoa und Schottland, zog die japanische Rugby Nationalmannschaft zum ersten Mal in die Endrunde ein.

Sicht auf das Stadion in Japan während des Rugby World Cups 2019
Photo by Stefan Lehner auf Unsplash

Japanisches Wort des Jahres: Top Ten

Eigentlich ist der Ausdruck „Japanisches Wort des Jahres“ nicht ganz richtig. Denn neben dem Gewinner werden auch weitere wichtige Wörter, die das Jahr bestimmt haben prämiert. Deswegen wäre der Ausdruck „Japanische Wörter des Jahres“ eigentlich treffender. Im Folgenden erfahrt ihr welche Wörter es in die „Top Ten“ geschafft haben und welches Wort den Sonderpreis erhalten hat.

計画運休

計画運休 (keikakuunkyuu) ist die Bezeichnung für die geplante Einstellung des Bahnverkehrs. Dieser Begriff dominierte die Nachrichten als Japan nacheinander von zwei sehr großen und zerstörerischen Taifunen heimgesucht wurde. Über die Taifune Faxai und Hagibis wurde auch in den deutschen Medien berichtet. Die Taifune kosteten zusammen ca. 100 Menschen das Leben und verursachten Sachschäden in Höhe von über 15 Milliarden Euro. Die komplette Einstellung des Bahnverkehrs die von JR West zum ersten Mal 2014 ausgerufen wurde dient dabei als Katastrophenschutzmaßnahme. Es wird angenommen, dass auf Grund der globalen Erwärmung die Anzahl an zerstörerischen Taifunen zunehmen wird.

Der Taifun Hagibis im Jahr 2019.
Taifun Haigibs (Wikipedia)

軽減税率

軽減税率 (keigenzeiritsu) bedeutet „ermäßigter Steuersatz“ und zielt auf die Erhöhung der Mehrwertsteuer am 01.Oktober 2019. Durch die zunehmende Überalterung der Gesellschaft und somit steigenden Sozialausgaben musste Japan die Mehrwertsteuer von 8% auf 10% erhöhen. Dabei war es bisher so, dass es nur einen Mehrwertsteuersatz gab, mit der jetzigen Steuererhöhung wurde allerdings ein System wie in Deutschland eingeführt, bei dem für bestimmte Produkte des alltäglichen Lebens ein ermäßigter Steuersatz von 8% beibehalten wird. Dies führte zu allerlei Verwirrung, so muss man beispielsweise für Lebensmittel, die man im Convenience Store verzehrt 10% Mehrwertsteuer zahlen, wenn man das gleiche Lebensmittel allerdings mitnimmt nur 8% zahlen. Für mich als Deutscher, ist das natürlich normal aber im japanischen Fernsehen wurde quasi täglich über die verschiedenen Steuersätze berichtet und erklärt. Vor dem 1. Oktober bildeten sich außerdem lange Schlangen vor den Ticketschaltern für Jahresbahntickets, da viele sich die 2% Steuern sparen wollten.

Im weltweiten Vergleich hat Japan übrigens immer noch einen sehr niedrigen Mehrwertsteuersatz. Hier die Zahlen der OECD aus dem Jahr 2018.

Tabelle mit der Mehrwertsteuer verschiedener Länder der OECD.

スマイリングシンデレラ/しぶこ

スマイリングシンデレラ/しぶこ (sumairingushinderera/shibuko), übersetzt: „Smiling Cinderella“ ist eine Bezeichnung für Golfprofispielerin „Hinako Shibuno“ die in Japan den Spitznamen „Shibuko“ hat. Mit dem Sieg bei den Women’s British Open war sie die erste Japanerin seit 42 Jahren die bei einem der großen Golfturniere (Majors) gewonnen hat. Während des Turniers wurde ihr Lächeln ihr Markenzeichen wodurch die ausländischen Medien ihr den Spitznamen „Smiling Cinderella“ gaben.

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タピる

タピる (tapiru) ist eine abgewandelte Form des Wortes „Tapioka“ was „Bubbletea“, bedeutet. Dabei bedeutet tapiru entsprechend „Bubbletea trinken gehen“. Vor einigen Jahren erlebte der Tee mit den Zuckerhaltigen Tapioca-Kugeln ja auch in Deutschland einen Boom, der aber genauso schnell verschwunden war wie er kam. Im Jahr 2019 erlebte dieser Bubbletea Boom eine von Taiwan ausgehend kleine Renaissance und auch in Japan sprießten wieder etliche Bubbletea-Läden aus dem Boden. Doch schon jetzt Ende des Jahres scheint zumindest meiner Meinung nach der Trend schon wieder abzunehmen und die meisten Bubbletea Läden sind eher leer.

#KuToo

Der #KuTooHashtag machte Anfang 2019 die Runde und war eine Anspielung auf den #MeToo Hashtag. Dabei ist #KuToo ein Wortspiel aus den japanischen Wörtern für Schuhe (Kutsu) und Schmerz (Kutsuu). Über die Aktion wurde auch in deutschen Medien berichtet. Die Frauenrechtlerin Yumi Ishikawa wollte mit diesem Hashtag und einer Petition gegen die teilweise strengen Kleidungsvorschriften insbesondere für Frauen in japanischen Firmen vorgehen. Dabei ist es in Japan quasi Pflicht, dass Frauen hochhackige Schuhe tragen, das kann auf lange Sicht oft zu Rückenproblem führen. Ende 2019 kam auch eine Debatte um das Brillenverbot für Frauen in japanischen Firmen auf.

https://twitter.com/ishikawa_yumi/status/1098468855427489792?ref_src=twsrc%5Etfw%7Ctwcamp%5Etweetembed%7Ctwterm%5E1098468855427489792&ref_url=https%3A%2F%2Fwww.theguardian.com%2Fworld%2F2019%2Fjun%2F03%2Fwomen-in-japan-protest-against-having-to-wear-high-heels-to-work-kutoo-yumi-ishikawa

◯◯ペイ

◯◯ペイ (pei) soll auf die Einführung von elektronischen Zahlungsanbietern anspielen von denen viele die Endung “ ペイ “ also „pay“ haben. In Japan erfreut sich wie in Deutschland Bargeld noch immer großer Beliebtheit, aber es gibt immer mehr Anbieter für elektronische Zahlungsverfahren, die in Japan ihre Dienste anbieten. In Japan wird wie oben erwähnt meistens Bargeld benutzt, aber gerade IC Karten (Suica und Pasmo) auf denen man Geld aufladen und dann benutzen kann und Kreditkarten sind bei der jüngeren Generation auf dem Vormarsch. Auch mobile Anbieter erobern immer mehr den Markt. Einer der Marktführer ist PayPay welcher als Joint-Venture von Paytm, Softbank und Yahoo Japan gegründet wurde. Aber auch andere Anbieter wie LINE Pay erfreuen sich steigender Beliebtheit.

免許返納

免許返納 (Menkyhenou) bedeutet „Rückgabe der Fahrerlaubnis“ und prägte durch viele schreckliche Verkehrsunfälle, die durch alte Menschen verursacht wurden, den gesellschaftlichen Diskurs. 2019 war das Jahr mit den meisten gemeldeten Verkehrsunfälle durch ältere Menschen. So war ein besonders schlimmer Unfall bei dem ein 87-jähriger Mann in Ikebukuro in Tokio Gas und Bremse verwechselte und so einen Verkehrsunfall verursachte bei dem 10 Menschen verletzt und eine Mutter (31) mit ihrer Tochter (3) ums Leben kamen. Diese Berichte führte zu einem starken Anstieg der freiwilligen Rückgabe der Fahrerlaubnis. So ist die Zahl der Rückgaben von über 65-Jährigen mit 47.000 Rückgaben seit dem Umfall allein in Tokio um 80% gestiegen. In Tokio liegt die Rückgaberate bei 8,2%, aber in Tokio ist auch das öffentliche Verkehrsnetz gut ausgebaut und es gibt Alternativen. Ältere auf dem Land sind noch immer auf das Auto angewiesen.

闇営業

闇営業 (Yamieigyou), übersetzt „Dunkle Geschäfte“, bezeichnet den Auftritt von japanischen Comedians/Entertainern am Management vorbei, um sich etwas Geld dazuzuverdienen. Diese Praktik rückte ins Zentrum der Öffentlichkeit durch eine Veröffentlichung des Magazins „Friday“ welches eine Dinner Party mit mehreren Comedians, die bei dem Entertainment Konglomerat Yoshimoto Kogyo unter Vertrag standen, zeigte. Diese Dinner Party wurde von einer Yakuza Gruppe organisiert die später auch für Telefonbetrug verurteilt wurde. Der berühmteste Comedian der in dieser Affäre verwickelt war Hiroyuki Miyasako. Er erhielt für sein Erscheinen ca. 8500 Euro. Die Comedians beteuerten zwar, dass sie nichts von den kriminellen Machenschaften wussten, aber wurden dennoch von ihrem Management Yoshimoto Kogyo, gefeuert. Viele Entertainer in Japan bekommen für Gala-Auftritte nur einen sehr mageren Anteil wodurch diese „Schatten Geschäfte“ nötig sind um sich über Wasser zu halten. Deswegen standen später vor allem die Managements unter Kritik, da sie ein solches Vorgehen implizit hervorrufen.

令和

令和 (Reiwa) ist die die Bezeichnung für die neue Ära nach der japanischen Zeitrechnung, über die auch von deutschen Medien intensiv berichtet wurde. Der alte Kaiser Akihito trat zurück und sein Sohn Naruhito bestieg den Thron.

Über die Kaiserparade welche zur offiziellen Zeremonie gehörte habe ich auch einen Beitrag geschrieben.

Japanisches Wort des Jahres: Reiwa hat es in die Top Ten geschafft, hier ein Bild der Parade zur Krönung des neues Kaisers.
Kaiserparade 2019 von Kaiser Naruhito

Japanisches Wort des Jahres: Sonderpreis

後悔などあろうはずがありません

後悔などあろうはずがありません (koukai nado arou hazu ga arimasen), übersetzt: „Es gibt nichts zu bereuen“, war eine Antwort von Baseballprofi Ichiro Suzuki auf eine Frage die ihm während der Pressekonferenz auf der er seinen Rücktritt bekannt gab gestellt wurde. Der 45-jährige Baseballprofi gehörte zu den erfolgreichsten japanischen Baseballspielern überhaupt.

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Tim Ulbricht

Ich habe diesen Blog 2019 anlässlich meines Auslandssemesters an der Tokyo University begonnen. Meine Leidenschaft für Japan begann jedoch 2012 mit einem unvergesslichen Sportaustausch mit einem Verein aus der Präfektur Iwate, an dem ich teilgenommen habe. Dieses Erlebnis öffnete meine Augen für die faszinierende Kultur und Einzigartigkeit Japans.
Auf meinem Blog teile ich Reisetipps sowie spannende Informationen zur Kultur, Sprache, Essen und Geschichte Japans.

Arigatou gozaimasu und bis bald!

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